Waldorfschule

Der Artikel über die Waldorfschule ist in Entstehung und er wird sich online weiter entwickeln. Es gibt noch keine Zielrichtung. Außer dem Wunsch, das Wesen der Waldorfschule so ganzheitlich und wirklich zu erfassen, wie notwendig und möglich.

Quelle youtube/ A Waldorf School Education- My Experience (Mi experiencia con Waldorf)

Ich war auf keiner Waldorfschule, aber „immerhin“ auf einer Montessori-Schule. In Krefeld, in der Nähe meines damaligen Wohnortes also, das gab es auch eine Waldorfschule. Ich kannte niemanden der dort Schüler war, aber es kursierten Vorurteile, wie z.B. „da sind unfähige Kinder von reichen Eltern, die nur wegen dem vielen Geld das Abi schaffen können“. So in der Richtung.

Mein heutiges Bild von Waldorfschule hat sich stark geändert. Erstens lernte ich durch meine Tätigkeit in der biodynamischen Landwirtschaft aufgeschlossene Menschen kennen, die auf der Waldorfschule waren, oder wo deren Kinder sich befinden oder befunden haben. Ferner habe ich inzwischen familiär selber damit zu tun. Zum Glück.

Leider schaue ich auf meine Schulzeit nicht mit Freude zurück. Ich erinnere mich nur an wenige Momente, wo ich im „Einklang mit Schule“ war. Insofern bin ich stets sprachlos und gerührt, wenn mir Waldorfschüler oder Ehemalige berichten, dass sie eine grandiose Schulzeit haben/ hatten. Ich kenne sogar „Extremfälle“ die berichten, dass die Wahldorfschulzeit das Beste in ihrem Leben war. Hach, wie schön das klingt! Kann man einem Kind etwas besseres Wünschen, als eine segensreiche Schulzeit?

Die gravierendsten Unterschiede, die ich durch persönliche Wahrnehmungsunterschiede zwischen Regelschule und Waldorfschule machen konnte, betreffen subtile Merkmale. In den Begegnungen mit Menschen an solchen Schulen, an dem Verhalten und an der Ausstrahlung der Kinder. Sehr subjektiv, aber für mich sehr wahr, wäre eine Aussage wie diese: „An Waldorfschulen begegnet man noch Kinder, die sich wie Kinder verhalten (dürfen)“. Oder : „Es ist eine andere Art von Natürlichkeit“.

Quelle: youtube/ Filmbeitrag von Prof. Dr. Peter Selg über die Waldorf Pädagogik und Anthroposophie vom 15. Juli 2020

Der Lehrplan für das Kind richtet sich nicht nach dem Diktat der derzeitigen Marktwirtschaft i.S. „Was muss mein Kind alles können, damit es künftig im Bereich Management, IT, Naturwissenschaft o.ä. einen Job bekommt?“. Nein, die Frage lautet eher: „Wer bist du, und was BRAUCHST du für DEINE Entwicklung?“

Schule ist ein „Personengeschäft“, Lehrer sind unterschiedlich, und nicht alle Lehrer kommen mit allen Schülern klar und umgekehrt. Dennoch, angenommen die Kern-Idee von Rudolf Steiner, die da nach den Bedürfnissen der Kinder fragt, und die Kinder zudem in ihrer geistigen und körperlichen Entwicklung zu begreifen und zu begleiten versucht, diese Art von Schule hat in der Tat das Potential für die Kinder ein besonders wertvoller Ort zu sein. Das könnte erklären, warum Waldorfschüler oder Ehemalige mit spürbar positiven Emotionen über die Schulzeit berichten.

Waldorfschulen oder auch Rudolf-Steiner-Schulen genannt, gehören mit zu den deutlichsten Zeichen der Anthroposophie in der Welt. Rudolf Steiner war es ein Anliegen, dass an Waldorfschulen nicht explizit Schüler in Anthroposophie unterrichtet werden dürfen. Auch sollte seine Person nicht im Vordergrund stehen.

Und blickt man hinter die Kulissen, so wird man noch viele grandiose Aspekte zu entdecken haben. Aber wir wollen hier bei anthro.world auch an dem Bild mit entwickeln was Waldorfschule ist und was sie künftig wieder sein könnte. Denn es gibt hier und da Abweichungen und große Herausforderungen.

Denn wir stellen fest, nicht alle Waldorfschulen sind derzeit so aufgestellt, wie sie nach unserem Verständnis in ihren Genen angedacht waren. Nicht alle Waldorfschulen sind freie Schulen, und das kann zu typischen Problemen führen. Denn wessen Brot ich ess‘ dessen Lied ich sing. Wer sich bereits mit der Dreigliederung des sozialen Organismus beschäftigt hat, weiß genau, wie wichtig die Autonomie von Freiem Geistesleben (z.B. Lehre und Schule) gegenüber dem Rechtsleben (z.B. staatliche Aufgaben) ist. Und schon gar nicht gut ist der Trend, dass Kinder für an dem Bedarf des Wirtschaftslebens ausgebildet werden. Die Wirtschaft soll ja den Menschen dienen, nicht umgekehrt.

Quelle: youtube/ Waldorf School Education

Ein weiteres Grundproblem ist, dass die Lehrertätigkeit im Waldorfbereich schlechter bezahlt ist. Das geht einher mit einem sehr hohen Arbeitspensum, und einer großen persönlichen Verantwortung im Lehrer/ Schüler Verhältnis. An Waldorfschulen ringen Lehrer besonders stark mit der Frage, was jedes einzelne Kind an Förderung benötigt, um das Interesse des Kindes zu wecken. Das bedeutet, dass sich die Lehrer in besonders intensiver Weise geistig auch außerhalb des Schulunterrichts mit jedem einzelnen Schüler-Schicksal befassen. M.E. müsste der hohe menschlich- und persönliche Einsatz der Lehrer mit mehr Anerkennung wahrgenommen werden. Eine Form von Anerkennung ist z.B. die Höhe des Gehaltes.

Die Lehrer - und eben auch die Waldorflehrer - haben heute viel mehr Belastungen durch die äußeren Umstände unserer Zeit zu tragen als zu Steiners Zeiten. Ein freies Geistesleben, in dem sich die Schule und die Lehrer frei entfalten könnten, gibt es ja nicht. Die von staatlicher Seite einforderte Bürokratie hat ein erdrückendes Ausmaß angenommen.

Auch sind die Eltern der Kinder heute of so mit den beruflichen Anforderungern belastet, sodass die Lehrer vieles ausgleichen und ergänzen müssen, was von den Eltern nicht mehr geleistet werden kann.

Entsprechend ist es viel schwerer geworden, sich neben dem alltäglichen Schulbetrieb, regelmäßig so in die anthroposophischen Grundlagen der Waldorfpädagogik zu vertiefen, wie es eigentlich notwendig wäre. Wobei noch der herrschende Zeitgeist allem wirklichen spirituellen Streben so ferne als möglich steht.

Dr. Wolfgang Peter, Wien, 21. Oktober 2020

Nun, und damit nicht genug. Idealerweise ist man nicht nur didaktisch ein guter Lehrer, dazu ein Mensch der Kinder lieben und wertschätzen und in ihrem eigenen Wesen zu lesen und zu verstehen weiß. Nein. Hinzu kommt da auch noch die eigene Auseinandersetzung mit den Wurzel der Waldorfpädagogik. Und das bedeutet ja wiederum, dass in dieser Richtung viel Willenskraft und Motivation vorhanden sein muss, um sich Kenntnisse über die komplexen anthroposophischen Zusammenhänge klar zu machen, die ja ursächlich zu den pädagogischen (Er)kenntnissen führen konnten.

In der Tat. Das alles kann für ein normales Lehrerleben zu viel sein, und so kann es bei manchen Waldorfschulen/ Führungsgremien/ Lehrern zu dem verführerischen Trend kommen, wo gedacht wird: „Wir nehmen uns die besten Stücke aus der Waldorfpädagogik heraus, und den Rest, den altbackenen, staubigen und unverständlichen Kram, den streichen wir. Insbesondere die esoterischen Inhalte liegen nicht im Zeitgeist“. Perfekte Lösung? Aber was sind die Konsequenzen für die Zukunft? Jede Schule ist anders aufgestellt, der hier angesprochene Trend der Vereinfachung gilt nur für ausgesuchte Fälle.

Jedoch, was geschieht, wenn man dasjenige eliminiert, was unbequem ist, weil es schwer in Worte zu fassen ist? Weil es ein Wissen ist, welches man vor allem innerlich lebendig erfahren muss, denn darum geht es ja bei der Anthroposophie! Was bleibt übrig, wenn man denkt, dass der Name Rudolf Steiner und Anthroposophie nicht mehr „salonfähig“ für die Waldorfschule sein soll? Wie lange noch kann in der Zukunft gewährleistet werden, dass Kinder weiterhin dabei begleitet werden eine gesunde Unterscheidungsfähigkeit, ein lebendiges und selbstständiges Denken zu erlangen, wenn man sich aus der Waldorfpädagogik nur die Rosinen heraus picken würde, jedoch die Augen vor den den wahren und wirkenden geistigen Zusammenhänge aus der Anthroposophie verschließt?

Nach meiner Ansicht verdient es Rudolf Steiner weiterhin im engen Kontext mit der Waldorfschule benannt und anerkannt zu werden. Respekt heißt nicht gleich Kult um seine Person. Stets forderte Rudolf Steiner, dass seine Anhänger selber denkend tätig sein müssen, um den Wahrheitsgehalt der geisteswissenschaftlich orientierten Anthroposophie für sich selbst erleben zu können und zu schauen, ob sich die geschilderten Zusammenhänge im eigenen Erleben bewahrheiten können.

Mit Hilfe der Kommentarfunktion und deinem Feedback wird sich der Diskurs zum Thema Waldorfschule entwickeln können.

Francois Hagdorn, 20. Oktober 2020

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